Eigentlich habe ich diesen Text für einen Poetry Slam geschrieben und weil eine Wiener Maria enttäuscht wirkte, als ich sagte, dass meine Texte nicht von Maria 2.0 handeln. Er liest sich auf den ersten Blick wie ein Dialog, ist es aber nicht. Stellt euch lieber verschiedene Stimmen vor, die ich eingesammelt habe, wie es manchmal so ein Potpourri gibt in Radiosendungen.

Da finden ein paar Frauen, das geht nicht gerecht zu in der Kirche. Da machen sie sich auf und streiken und ein paar andere machen mit. Da wächst was. Wild wie Gras, kein gepflegter Rasen. Graswurzelbewegung. Bunt, wie für Bienen extra ausgesät. Heteras so gut wie queere Frauen, Männer, die sie unterstützen, Kirchenmänner, die sie im Auge behalten wollen, Transpersonen, Menschen zwischen den Geschlechtern. Ein Aufbruch, eine neue Kirche, Hoffnung. Eine Graswurzelbewegung. Kommt, wir bilden eine Menschenkette rund um den Dom! Erste Oktoberwoche – jetzt ist August. Klappt das? Oh, im Oktober hat der Dom keinen mehr Termin frei, dann eben im September, du meldest an, wir schreiben Texte, du hast eine Bühne, wir sind nicht böse, nennen es: „Wir umarmen den Dom!“ Und das Vaterunser beten wir, wir sind christlich, aber bitte Vater-Mutter unser! Was? das hab ich noch nie gemacht! Wie kannst du Theologin sein und noch nie zur Mutter im Himmel gebetet haben? Bäh, du willst mich nur mobben. Alles klar, jeder Jeck is anders und jede Maria auch. Maria 2.0, Neuauflage, Update, Maria Himmelskönigin ebenso wie Maria Apostolin.

Ein Jahr später fragt der Bischof die Kinder in der Nachbarstadt: Kennt ihr denn unseren Dom? Jaa, wir haben ihn umarmt!

Jede ist frei, welche will, die fängt was an. Es geht uns gegen den Strich, dass die Überlebenden von sexualisierter Gewalt weiter gedisst werden. Ok, Überlebende von sexualisierter Gewalt – scheiße, dass kannste ja kaum aussprechen – muss sein, ok, ok, ich mecker ja schon nicht mehr. Aber alle ham se ja gar nich überlebt. Manche sind gestorben dabei. Andere haben sich das Leben genommen als ihnen auch nach 30 qualvollen Jahren nicht geglaubt wurde, als Priester nur versetzt und nicht angezeigt wurden.

Eben, deshalb gehen wir jetzt auf die Barrikaden. Reicht uns! Genug! Schluss mit sexualisierter und spiritueller Gewalt. Gerechtigkeit für alle Überlebenden und Ermordeten.

Und was noch? Eine neue Sexualmoral, die den Menschen gerecht wird und ihnen hilft menschlich zu bleiben in allen Leidenschaften.

Keine Ausgrenzungen mehr: eine offene katholische Kirche, die diesen Namen wieder verdient. Allumfassend sei katholisch, ha, eingemauert sind sie. Die reichste Kirche und die engstirnigste. Sie muss erst ganz vergehen, damit was Neues entsteht, sagt eine Nonne. Nein, sie soll sich öffnen lassen, wieder allumfassend werden, für Lsbtq+, für Geschiedene, für alle Verzweifelten, für Lachende, für Frauen, für diverse Personen, für Männer.

Ach, du träumst wieder. Das gibt’s doch nie. Kirche, das ist Mafia, das ist Opus Dei und andere Erzkonservative. Das sind skrupellose Machenschaften und da ist verdammt viel Geld im Spiel. Kirche, das ist die Vereinigung, die sich auf den Typ beruft, der nix mit Geld am Hut haben wollte, der Gerechtigkeit predigte und bereit war, sich dafür ermorden zu lassen.

Eben, da müssen wir wieder hin! Uns ermorden lassen?

Zur Authentizität. Ohne Angst das leben, was in uns ist. Göttin sagen, wenn das Weibliche uns näher ist als ein strafenden, grausamer Richter im Himmel. Tanzen, voller Lieder, ver-rückt, wie jede*r, die/das/der ganz sich selbst lebt.

Am ersten warmen Frühlingstag Pfeife rauchend barfuß über die Wiese laufen

Beim Katze Streicheln wieder sich selbst spüren

Nein sagen, zu allem, was uns einengt

Nein zu Gewalt und Ausgrenzung

Einfach leben, in Fülle, wild bunt, wie eine Wiese –  extra ausgesät für Bienen.

Wien, den 23.4.2022, überarbeitet 14.5.2023