Fest der Heiligen Geistin

Für viele Menschen ist die Ruah Älohim eine seltsame Erscheinung, wörtlich übersetzt die Geistin der Gött*innen, denn Ruah ist weiblich im Hebräischen und Älohim ist ein Plural und wird meist männlich benutzt, aber nicht ausschließlich. Manche Menschen benutzen gerne die Übersetzung „Geistkraft“ oder „Geisteskraft“. Mir persönlich gefällt sie nicht so sehr, weil zum Einen wieder der männliche Geist und zum Anderen keine weibliche Person benannt wird. Die Wortsilbe „-kraft“ versteckt eher das Geschlecht, z.B. in Lehrkraft statt Lehrer*in oder in Putzkraft. Ich möchte damit keiner Person ausreden, von Geisteskraft zu sprechen. Wir spielen mit neuen Begriffen für Göttin/Gott und das ist gut.

„Pentecoste“ von Gerd Altmann via Pixabay

Für mich ist die Ruah eine der drei Personen des Göttlichen. Und sie ist weiblich.

Ich kenne diverse Personen, die in Gött*in Mutter (w), Sohn (m) und Ruah (d) sehen und sich so stärker mit dem Heiligen Geist* verbunden fühlen.

Jede, jeder und jedes soll meiner Meinung nach genau so beten, wie es aus dem eigenen Herzen und der eigenen Seele aufsteigt. In der Vielfalt der Göttesbilder kann ein lebendiger Glaube gedeihen.

So werde ich im Laufe dieses Beitrags zwischen den drei Geschlechtern wechseln, um alle mal „richtig“ anzusprechen.

Die Heilige Geistin ist mir nahe und wichtig seit meiner Firmung. Ich habe das Sakrament sehr bewusst -schon verliebt in Jesus – empfangen und es war mir wichtig auf meinem Glaubensweg.

Die Gaben der Heiligen Geistin kommen mir das ganze Jahr in den Sinn. Immer wieder denke ich an Zeilen aus dem Kirchenlied: „In der Glut hauch Kühlung zu.“ Was für ein tröstlicher Gedanke bei 38°C.

Martin Buber und Stefan Rosenzweig übersetzen Ruah im Schöpfungsbericht mit „Ein Säuseln war über dem Wasser.“ Ihre zu Beginn des 20. Jahrhunderts angefertigte, sehr poetisch am hebräischen Original orientierte Übersetzung des Tenach (Hebräische Bibel entspricht in etwa dem Ersten Testament) gilt mit einem sehr bitteren Beigeschmack als Abschiedsgeschenk der deutschen Jüd*innen an die Deutschen.

„Ein Säuseln über dem Wasser“, wie schön. Kein Sturm, keine Gewalt und doch nicht unwirksam. Ein Säuseln kann ich hören, kann ich sehen, es bewegt die Wasseroberfläche, lockt vielleicht Fische an, unterbricht eine spiegelgatte Fläche, könnte aus einem Mund stammen, klingt wie lockende Töne für alle Lebewesen. Verliebte säuseln gerne. Mütter vieler Tierarten und der Menschen säuseln mit ihren Neugeborenen und schaffen so eine tiefe Verbindung.

Göttliches Säuseln in meinem Leben höre ich in Bäumen, die im dem Wind zu mir sprechen. Höre ich in meinem Herzen, wenn ich total sauer bin und dann tief in mir eine ganz leise Stimme sagt: „na, vielleicht, so ein ganz kleines bisschen, kann die andere auch recht haben.“ Das ist der Anfang von Verständnis, Einlenken, Verzeihen und Vertöchterung (manche sprechen von Versöhnung).

Dein Geist bewegt die Herzen,
wenn Feinde wieder miteinander sprechen,
Gegner sich die Hände reichen,
und Völker, Konfessionen und Religionen
einen Weg zueinander suchen.

Advent (helmut-theodor-rohner.eu)

So heißt es im Hochgebet der Versöhnung. Und genauso erlebe ich Göttins Wirken in der Welt. Wenn wir den Heiligen Geist wirken lassen, dann kann Frieden entstehen, dann können wir ein bisschen Reich Göttes leben.

Wenn Heiliges Geist* Raum bekommt in unseren Herzen, dann können wir Fehler machen und ohne Scham lernen z.B. Menschen, die weder Mann noch Frau sind als diverse Personen zu benennen. Sie mit „Liebe Geschwister“ auch ansprechen und weniger vergessen, als wenn wir „Liebe Schwestern und Brüder sagen.“ Dann ist es nicht schlimm, wenn es uns mal wieder durchgeht und erst beim Segen wieder einfällt, weil wir um Vergebung bitten und einander vergeben können.

Dann säuselt Ruah um uns herum und die Heilige Geistin hält ihre machtvolle Hand, ihre ausgebreiteten Flügel über uns und nimmt uns unter seine Fittiche.