Ostern 2022, HarK

Diese Predigt habe ich im Montagsgebet am Ostermontag 2022 in St. Agnes, Köln um 19:00 Uhr gehalten.

Evangelium: Joh 20, 1. 10-18

Predigt                                                                            

Maria war am Ostermorgen bestimmt nicht nach Freude zu Mute, mir ging es heute Morgen ähnlich, drei Töchter weit entfernt, die vierte mit geistiger Behinderung leidet sehr unter der Trennung und ich habe ständig Angst, dass sie einen Anfall bekommt. Außerdem vermisse ich selbst die drei großen Töchtern.

Das habe ich einer Freundin geschrieben und sie antwortete: nach der kurze Pause kommen meine Gedanken dazu


Osterfreude:
Jesus ist auferstanden!

Die Familie ist gesund – na ja

Den Freund*innen geht es gut – nicht allen

Ein Dach überm Kopf -stimmt

Nicht frieren müssen – jedenfalls nicht immer

Zu Essen haben – reichlich

Freude teilen – auf jeden Fall

An andere Menschen denken – mhm

Respektvoller Umgang miteinander – jo

Anerkennung der Leistungen anderer, auch wenn es noch so klein ist – stimmt

Jedes ist liebenswürdig (auch alle, die sich als Armleuchter benehmen) – tja

Ein Spaziergang in der Sonne – hat Wunder gewirkt.

So wie eine Begegnung am leeren Grab.

Zart und beharrlich ruft der auferstandene Jesus nach Maria und macht sie damit zur Apostolin, zur Zeugin der Auferstehung.

Nicht mit Gewalt und Macht, sondern klein, beharrlich, mit immer neuem Mut und trotz, nicht wegen aller Greul, die Menschen einander antun, bricht das Leben wieder durch wie der Mandelzweig. Auch davon weiß unser Glaube zu berichten. Am Karfreitag haben wir des Leidens Jesu Christi gedacht. Es ging dabei nicht allein darum, dass Jesus stirbt, so einschneidend dieses Ereignis auch ist. Das weiß jede Person, die eine*n Liebe*n verloren hat. Die Zeit steht still, die Erde hört auf sich zu drehen und frau kann sich kein Leben ohne den geliebten Menschen vorstellen.

Aber nicht der Tod Jesu allein ist das Schreckliche des Karfreitags, sondern, dass er zu Unrecht verurteilt und auf grausame Weise von seinen Mitmenschen zu Tode gebracht wurde. Das Unrecht dieses Todes macht ihn so unerträglich. Und wir können die Karfreitagsliturgie nur feiern im Wissen darum, dass dieses Unrecht nicht das letzte Wort haben wird.

Dass Göttin/Gott Jesus in diesem Unrecht nicht belässt. Dass nicht Tod und Ungerechtigkeiten siegen, sondern das Leben. Wie oft scheint uns das Unrecht stärker; Die Großmacht, die das kleine Schwesterland zerbombt; Dier Nachbar*in, derm alles zufliegt, obwohl sier egoistisch und überheblich ist; Die Stelle, die der männliche Bewerber bekommt, weil sich Chef*in nicht mit einer möglichen Schwangerschaft abgeben will. Die Rente, die immer kleiner wird, obwohl ich fast vierzig Jahre eingezahlt habe. Das reiche Europa, das sich abschottet gegen die Armen aus Afrika und diese Geflüchteten zurück in ihr Elend treibt. Das scheinbar übermächtige Russland, das von einem gewalttätigen Führer in einen Krieg gegen die Verwandten in der Ukraine schickt wird.

Jedes von uns muss sich mit Unrecht und Ungerechtigkeiten auseinander setzten. Und manchmal scheint es, als behielten sie die Oberhand, als könne man alles versuchen und komme doch auf keinen grünen Zweig. Und dann sehe ich unsere jungen Zweige, die trotz Krieg und himmelschreiendem Unrecht wieder blühen.

Ostern ist ein Fest der Freude und nicht zufällig ein Frühlingsfest – zumindest in Europa, wo das Christ*innentum geboren wurde.

Jesus lebt. Das ist wirklich ein Grund zur Freude. Kein „Eia popeia vom Himmel“, wie Heine es kritisch sagt, auch kein Vertrösten auf eine bessere Welt nach dem Tod.

Zu den finstersten Kapiteln der Ostererzählung gehört die Vertröstung der Menschen z.B. der Sklav*innen in Nordamerika. Ihnen wurde als Lohn für das Ertragen dieses furchtbaren, ungerechten Lebens unter ihren Unterdrücker*innen einen Platz im Paradies angepriesen.

Nein, so soll unsere Osterfreude nicht sein. Ich denke eher an ein anderes Lied: Das andere Osterlied von Kurt Marti:

„Das könnte den Herren der Welt ja so passen,
wenn erst nach dem Tode Gerechtigkeit käme,
erst dann die Herrschaft der Herren,
erst dann die Knechtschaft der Knechte

in einer abgewandelten Form:

Erst dann das Unrecht für FLINTAS also Frauen, Lesben, intersexuelle, nonbinäre, Trans- und asexuelle Personen,

Erst dann das Unrecht für FLINTAS
vergessen wäre für immer.

Das könnte den Herren der Welt ja so passen,
wenn hier auf der Erde alles so bliebe,
wenn hier die Herrschaft der Herren,
wenn hier das Unrecht für FLINTAS
so weiterginge wie immer.

Doch ist der Befreier vom Tod auferstanden,
ist schon auferstanden, und ruft uns jetzt alle
zur Auferstehung auf Erden,
zum Aufstand gegen die Herren,
die mit dem Tod uns regieren.“

Die mit dem Tod uns regieren, mit erzeugter Angst vor Terror, die viele Freiheitsrechte beschneiden lässt, mit dem Tod der Kriege im Irak, in Afghanistan, Libyen, Tschetschenien, in den USA und der Ukraine. Mit dem nicht mehr notwendigen Tod der Kinder in Afrika, Südamerika und Asien, die mit unserem Rüstungsetat leicht versorgt werden könnten.

„Auferstehung auf Erden.“

Zum Aufstand für das Leben.

Wenn wir Ostern so verstehen, wenn unsere Freude dieses Festes uns Mut macht, für das Leben ein zustehen, uns gegen Unrecht und Ungerechtigkeiten zur Wehr zu setzten. Wenn wir den Auferstandenen auf unserer Seite wissen, wo immer wir den Mund aufmachen:  

z.B. wenn Menschen mit Behinderung,

wenn Migrant*innen, aufgrund ihrer Herkunft,

wenn queere Menschen

ausgegrenzt und benachteiligt werden.

Wenn wir so Auferstehung feiern, dann wird Jesus wirklich wieder lebendig in dieser Welt. Dann hält das Reich Göttes mit jedem kleinen Schritt, den wir tun, Einzug in diese Welt und wird Wirklichkeit, wirksame Realität.

Dann haben wir allen Grund zum Feiern und zur Freude.

Amen